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Achtsamkeit – ein Selbstexperiment zum Stressmanagement (Teil II)

[vc_row][vc_column width=“1/1″][vc_column_text]Vier Wochen später. Ein Lagebericht.

Sonntagabend. Ich sitze auf meinem Bett und atme. Noch vor vier Wochen wäre dieser Satz allein für mich ein Grund gewesen, den nachfolgenden Artikel nicht zu lesen. Wer atmen als erwähnenswert betrachtet, der kann ja nur ein alternativer Spinner sein, der so wenig Sinnvolles zu tun hat, dass sogar der eigene Atem eine Sensation ist. Trotzdem. Ich atme- und kann mich inzwischen sogar darauf konzentrieren.

Das Ganze fing mit besagtem Abend [1] mit meiner Freundin Anne an, die unbedingt ein Versuchskaninchen für die Erprobung ihrer neusten Weisheiten brauchte. Und wer könnte da ein besserer Kandidat sein als die dauergestresste, alleinstehende Freundin, die es mit Anfang dreißig trotz Kinderlosigkeit zu einer beeindruckenden Vielfalt an Falten und einer stets gräulichen Gesichtsfarbe gebracht hat und sich sowieso immer nur für ihr unentspanntes Leben bemitleidet?

Schon in dem Moment, als ich Anne mein Wort gab, diesen Achtsamkeitskram mal einen Monat probehalber durchzuziehen, beschlich mich das ungute Gefühl, mir da wieder einen Haufen unangenehmer Diskussionen eingehandelt zu haben. Zu spät. Abgemacht ist abgemacht, Anne kennt da keine Gnade.

Die erste Woche. Also kam ich aus dieser Nummer natürlich auch nicht mehr raus. Anne gab mir noch am selben Abend eine erste Einführung (die beinhaltete auch die gefühlt fünfzigste Wiederholung dieses tollen Vortrags, den sie besucht hatte) und gab mir kleine Aufgaben für den Start des Experiments am nächsten Tag. Ich nahm mir also in der ersten Woche brav immer wieder kurze Auszeiten, um achtsam zu sein. Häufig waren diese Auszeiten wirklich kurz. Und das nicht etwa, weil ich halbherzig bei der Sache war, sondern weil die Aufgaben tatsächlich in den meisten Fällen gar nicht furchtbar aufwendig waren. Zum Beispiel die Atembeobachtung. Ich fing mit drei Atemzügen an und versuchte, nichts anderes zu denken oder zu tun, sondern ganz ruhig meinen Atem zu beobachten und zu spüren, wie sich Bauch und Brust beim Einströmen der Luft bewegen, ohne irgendwie einzugreifen. Zu Beginn kam ich mir sehr seltsam vor, mit der Zeit wurden diese wenigen Minuten aber zur Routine. Ich führte außerdem eine achtsame Pause ein. Selbst wenn die Mittagspause terminbedingt mal wieder hektisch ist, gönne ich mir jetzt anschließend noch einen Kaffee, um mich zu entspannen. Diesen Kaffee versuche ich auch immer ganz aktiv zu genießen, zu riechen, zu schmecken und nicht nur nebenbei runterzuspülen. Ziemlich intensiv, dieses Gebräu!

Die zweite und dritte Woche. In der ersten Woche war ich zwar positiv überrascht, dass Achtsamkeitsübungen so kurz und schmerzlos sein können und gar nicht so anstrengend sind, wie ich gedacht hatte, aber diese Ruhe und Konzentration fiel mir trotzdem ziemlich schwer. Ich hatte buchstäblich das Gefühl, Hummeln im Hintern zu haben, wenn ich mal kurz stillsitzen und nichts denken oder tun sollte. Den Atem beobachten kann man ja kaum als Tätigkeit bezeichnen. Manchmal kam ich mir so rastlos vor, dass ich an meinen Opa denken musste, der als Vollblut-Landwirt auch immer nur auf dem Sprung war und bei jeder Familienfeier auf glühenden Kohlen saß. Kein gutes Gefühl, sich wie eine ruhelose Alte vorzukommen – meine Motivation stieg natürlich ins Unermessliche…

Mit der Übung kamen dann aber auch Fortschritte. In Woche zwei habe ich mich zum ersten Mal dabei ertappt, sogar mehr als drei Atemzüge lang vor mich hin zu atmen, ohne es gleich zu bemerken. Deshalb habe ich in der dritten Woche dann weitere kleine Übungen eingebaut. Anne hat mir vom Türklinken-Trick erzählt. Ich hatte schon wieder Schlimmes erwartet, war dann aber beruhigt als sie mir nur auftrug, jedes Mal wenn ich eine Türklinke anfasse, einen Atemzug lang achtsam zu sein. In unserem Großraumbüro gibt’s zwar fast nur die Klotür, aber bei meiner Mädchen-Blase kommen da über den Tag verteilt auch einige Atemzüge zusammen.

Im Sinne von Achtsamkeit im Alltag wollte ich nach der Hälfte des Experiments dann auch mein Privatleben ein bisschen umkrempeln. Ich stellte fest, dass ich zwar jeden Tag eine Stunde mit meinem Hund unterwegs war, diesen Spaziergang aber in letzter Zeit immer nur als Pflichtprogramm statt als Freizeit betrachtet hatte. Stattdessen fing ich an, diese Stunde ganz aktiv zu genießen. Hat der Wald vorher schon so intensiv geduftet? Bin ich etwa immer an diesem kleinen plätschernden Bach durchgelaufen, ohne die Geräusche wirklich wahrzunehmen? Ab der dritten Woche blieb ich dann immer unterwegs zweimal auf einer Bank sitzen und schaute in den Himmel. Mein Hund war kurz verwundert, fand die zusätzliche Zeit zum Schnuppern und Büsche bepinkeln aber auch ganz nett. Und dieser Himmel ist echt eine entspannende Sache.

Die vierte Woche. Dass die vierte Woche des Experiments schon begann, wäre mir vor lauter Atem-Routine gar nicht aufgefallen, wenn nicht Anne angerufen hätte, um einen Termin für unser „Abschluss-Essen“, wie sie ganz aufgeregt sagte, zu vereinbaren. Wir verabredeten uns für Freitag und sie schickte mir noch ein paar Links zu Meditations-Videos. Ich musste kurz an ihre komischen Yoga-Frauen denken, bedankte mich aber und nahm mir auch fest vor, das jetzt auch noch auszuprobieren. Tatsächlich setzte ich mich nach Feierabend auf die Couch und hörte mir die Videos an, die erstaunlich gut gemacht waren. So gut, dass ich eine Meditation dann sogar gleich komplett mitgemacht habe. Und dann direkt auf meinem Wohnzimmerteppich in einen Tiefschlaf gefallen bin. Nicht ganz im Sinne der Achtsamkeit, aber dafür sehr erholsam.

Am Freitag trafen wir uns feierlich wie vier Wochen zuvor wieder im gleichen Lokal, Anne noch eine Spur ausgelassener als sonst und ich, vielleicht nicht ganz so grau, mit einem Hauch von Farbe auf den Wangen. Anne interpretierte diese Nuance von Gesundheit im Gesicht natürlich überschwänglich als spektakulären Erfolg ihres Forschungsprojekts und wollte mich gleich wieder beschwatzen mit in den neuen „Yoga – sanft“ Kurs zu kommen. Ich war natürlich nicht interessiert – alleine atme ich inzwischen gerne, aber brünftige Hirsche und Schlabberhosen sind noch immer nicht mein Fall.

Sonntagabend. Also sitze ich jetzt hier und atme. Und dann schlafe ich vermutlich direkt ein. Das geht inzwischen immer öfter. Achtsamkeit als Experiment war zwar nichts, was ich mir freiwillig ausgesucht hätte, aber ich habe gemerkt, wie viel Wohlbefinden auch ganz kleine Momente bringen können. Und das ganz ohne Esoterik.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/1″]

[/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column width=“1/1″][vc_column_text]Neugierig geworden? Dann lassen Sie sich doch einmal selbst auf ein kleines Experiment ein und finden Sie heraus, wie wohltuend Achtsamkeit tatsächlich sein kann. Als Hilfestellung für den Start haben wir Ihnen eine kleine Sammlung an einfachen Übungen und weiterführenden [2] Links zusammengestellt, die Sie sich einfach downloaden [2] können. Wenn Sie mögen, hinterlassen Sie einen Kommentar und teilen Sie Ihre Erfahrungen!

Auch wenn die Protagonisten dieser kurzen Geschichte fiktiv sind – das Thema ist es nicht. Immer häufiger begegnen mir in meinem Beratungsalltag Menschen, die sich wahnsinnig gestresst fühlen und bisher erfolglos nach einem Weg gesucht haben, besser und gesünder mit dem täglichen Wahnsinn umzugehen. Achtsamkeit ist kein Hokuspokus, sondern kann auch für diejenigen sehr hilfreich sei, die nicht erst nach Indien reisen wollen, um Meditationsbasics zu erlernen.

Falls Sie mit dem Konzept noch nicht vertraut sind, können Sie HIER [3] mehr darüber erfahren.

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